Angst
2-Komponenten-Kleber
Angst als körperliche Reaktion | Wenn wir in eine Situation geraten, die unser Gehirn als akute Gefahrensituation ansieht, finden körperliche Prozesse statt, die uns das Überleben sichern sollen: Wir werden sehr wach, die Herzfrequenz erhöht sich, der Muskeltonus nimmt zu und unsere Wahrnehmung vergrößert alles in diesem Moment, damit uns nichts entgeht und wir schnell richtig handeln können. Ohne das Gefühl des Bedrohtseins ist es eigentlich ein Zustand voller Vitalität.
Das Gefühl des Bedrohtseins | Die eben beschriebene körperliche Reaktion kann leider auch ohne jede wirkliche Gefahr ein Gefühl des Bedrohtseins hervorrufen. Das geschieht deshalb, weil wir körperliche Zustände an Emotionen binden und umgekehrt. Manches davon ist instinktiv, anderes konditioniert. Auch kann das Gefühl des Bedrohtseins aus einer ganz anderen Zeit und Situation stammen (z.B. Trauma) und dennoch jetzt Herzrasen, Anspannung, und große Angst in uns auslösen.
Wenn nun die oben beschriebene körperliche Reaktion mit dem Gefühl des Bedrohtseins eine Verbindung eingeht, kann sich hieraus eine Schleife ergeben, die sich zu wilden, unkontrollierten Angstschüben und Panikattacken steigern kann. Irgendwann haben wir dann Angst von diesen Panikattacken, die uns lahmlegen, und so kann die Angst vor der Angst und vor der Panik immer engere Kreise um uns ziehen.
Wir können uns dieser Schleife ausgeliefert erleben und depressiv werden. Eine solche Depression ist quasi eine Art Schutzmechanismus vor der Angst und kann als solche natürlich nur erfolgreich „behandelt“ werden, wenn die zugrundeliegenden Ängste erkannt und verstanden werden.
Mit Ängsten und Panikattacken umzugehen, erfordert viel Einfühlungsvermögen für den enormen Stress, den sie in unserem Nervensystem erzeugen. Natürlich müssen wir auch hier lernen, wie wir in diese Fühlspirale hineingeraten sind, um sie zu verstehen und vermeiden zu können. Dabei lernen wir zusätzlich, wie wir uns aus der Spirale wieder hinaus regulieren können. Ganz aktiv, mit bestimmten Strategien, die uns helfen, uns zu beruhigen, unsere Nerven zu besänftigen.
Bei Panikattacken und Angstzuständen, die scheinbar aus dem Nichts auftauchen, liegen möglicherweise starke seelische Belastungen bzw. Traumata zugrunde, die angesehen, gewürdigt, betrauert und verarbeitet werden müssen. Der im Körper gespeicherte Schrecken kann sich über Jahre und Jahrzehnte versteckt halten und dann schließlich doch in Angstzuständen und Panikattacken auflodern.
Wenn wir aber in einem diffusen untergründigen Gefühl des Bedrohtseins aufwachsen, kann es beinahe unbemerkt, unbewusst bleiben. Es wird so sehr zum Hintergrund-Daseinsgefühl, dass wir erst im Kontrast zu Menschen aus anderen Ländern und Kulturen spüren, wie wir ständig wie mit eingezogenem Kopf durch das Leben laufen. Das geschieht oft, wenn unsere Eltern durch Kriege und andere Katastrophen traumatisiert sind und diese Traumata nicht verarbeitet haben.
Das Gefühl des Bedrohtseins kann aber auch von wütenden, gewalttätigen Eltern, Lehrern, Verwandten und anderen stammen. Es kann aus frühester Kindheit stammen oder später entstehen. Es gibt viele Gründe, warum wir Angst erleben. Und viele dieser Gründe (zum Beispiel eine politische Situation) können wir auch nicht verändern. Aber selbst in einer unsicheren und gefährlichen äußeren Situation können wir von Wachheit, Klarheit, Weisheit und Mitgefühl geleitet sein. Angst wendet keine Not. Sie hilft uns nicht, zu überleben oder unseren Alltag besser zu gestalten. Angst vor Arbeitslosigkeit, zum Beispiel, hilft uns nicht dabei, uns besser zu qualifizieren, eine selbstsichere Ausstrahlung zu haben und unseren Job zu behalten. Sie steht bei der Suche nach besseren Alternativen im Wege, weil sie uns verunsichert und die Kraft raubt.
Bei selbstbestimmten Erwachsenen haben die meisten Formen der Angst* keine positive Funktion. Auch nicht in Krisensituation. Wir brauchen Gewahrsein, Wachheit und gesunden, herzvollen Menschenverstand. Angst ist das Ergebnis einer Art Selbsthypnose mit extrem blockierender Wirkung.
*Angst vor einem Puma auf Deiner Himalaya-Wanderroute hat jedoch eine sehr vitale Funktion. Das ist die einzige Angst, die Du nie unbeachtet lassen solltest.